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Rede zur Ausstellungseröffnung EXPERIMENTELLE 18, Kunstverein Markdorf 18.07.2014
Andrea Dreher M.A.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
lieber Herr Bürgermeister Riedmann, lieber Herr Dr. Oßwald, liebe anwesende Künstlerinnen und Künstler,
ich möchte diese Rede mit einem Erlebnis beginnen, das ich gestern hatte.
Ich sollte eine zweite Grundschulklasse durch die aktuelle Ausstellung in Schloss Achberg führen, wo derzeit die Ausstellung: Kunst Oberschwaben Malerei von 1970 bis heute gezeigt wird.
Auf meine Frage, warum Erwachsene malten und wie sich die Kinder denn Künstler vorstellten, bekam ich u.a. folgende Antworten:
„Das sind doch so arme Leute und die malen halt und dann kauft das jemand“ oder „das sind so Spinner, die malen Bilder, auf denen man nichts erkennen kann und dann verlangen sie ganz viel Geld dafür“ oder „die machen das, damit die Wände nicht so weiß sind“ …
Nachdem ich mir gut fünf Minuten diese spontanen und ehrlichen Antworten der sieben-
Wir gingen zusammen durch die Ausstellung und jedes Kind sollte sich mit „seinem“ Adjektiv vor eines der Bilder stellen … und siehe da, die Kinder führten sich alleine.
Sie entdeckten nicht nur allerlei Gefühle und Gedanken, sondern sie bekamen von Raum zu Raum mehr Respekt vor der Kunst dieser vermeintlichen „armen Spinner“.
Ein Mädchen blieb vor einem Bild
Angesichts der Vielzahl der Kunstwerke und Positionen in dieser Ausstellung mit Arbeiten von acht Künstlerinnen und Künstlern wäre es vielleicht eine gute Idee, sich im Geiste eine Emotionskarte zu generieren, um sich so dieser Ausstellung zu nähern und zu öffnen.
Denn die Kunstwerke befinden sich hier in einem sog. paragone, so lautet der kunsthistorische Fachbegriff für den Wettstreit der Künste, der seit der Antike schwelte und in der Renaissance eifrig entbrannte, ging es doch um die Vormachtstellung der einzelnen Kunst-
Wir sind hier heute Abend einer erweiterten Gattungsvielfalt von Zeichnung, Malerei, Collage, Skulptur, Plastik und Wandobjekt ausgesetzt -
Wenn ein hoch dotierter und mit Preisen ausgezeichneter Künstler wie
Doch genug der Theorie, ein Blick auf die Kunstwerke dieser Ausstellung mag uns helfen, begonnen mit den über zwei Räumen verteilten Arbeiten von Werner Pokorny.
Werner Pokornys Werk kreist seit nunmehr 40 Jahren um die Frage der menschlichen Existenz. Seine Motive sind das Haus, das Gefäß, die Schale, die Vase, die Kugel, ein Konzentrat reduzierter Formen, welche sich zwischen Symbolik und Wirklichkeit bewegen und zutiefst fundamentale Fragen aufwerfen. Der sog. „atavistische Werkbegriff“, gemeint ist das Handwerk und die Arbeit mit dem Material, steht im Zentrum dieser Werke. Klare Formen zu schaffen und diese Klarheit permanent in Frage stellen zu müssen ist es, was den Bildhauer Werner Pokorny antreibt.
Hermann Webers Kunst ist tief verankert in theologischen und anthropologischen Diskursen, doch im Mittelpunkt dieses Werks steht nicht nur die Frage „Was ist der Mensch?“, sondern Weber ist außerdem ein großer Gegner unseres anthropozentrischen Weltbildes. In seinem 2013 verfassten Text „Die Blaue Stunde“ schrieb er: „Das frühe Christentum hat ein Weltbild geschaffen und begünstigt, innerhalb dessen der Mensch durch die Unsterblichkeit seiner Seele von allen anderen Geschöpfen sich abhebt und in besonderem Maße herausragt. […] Diese Sicht der christlichen Theologie im Erbe der Anthropozentrik des biblischen Welt-
Webers in dieser Ausstellung gezeigte Werke reflektieren diese Gedanken, zum einen in den „Die Farbe Rot oder Das Geheimnis der Stille“ betitelten drei Werken, in denen er das Rot der mönchischen Gewänder einer bleiernen Leere aussetzt, und zum anderen in dem gleichnamig zum zitierten Text „Die Blaue Stunde“ betitelten Zyklus. Dieser geht auf die Begegnung des Künstlers mit dem mittelalterlichen Stundenbuch von Jean Fouquet zurück, das im Schloss Chantilly nahe Paris ausgestellt ist und Weber zu dieser enigmatischen und äußerst tiefgründigen Werkreihe führte.
Der Maler
„Die schrundigen Spuren in seinen Ölfarben erinnern an die geheimnisvollsten Ablagerungen in der Erdgeschichte. Er hat Dinge gesehen, die niemals das Licht der Welt erblicken werden. Im Schein seiner Taucherlampe schillert ein versunkenes Universum, das zum allerersten Mal von einem menschlichen Auge betrachtet wird. Grotten und Paläste. Stalaktiten und unberührter Lehm.“
Hier in Markdorf sind großformatige Zeichnungen ausgestellt, hier ist das Schwarz keine Ölfarbe, sondern Schultafellack. Pelz komponierte diese Arbeiten, indem er wischte und formte, kratzte und spurte und darin neue Bildwelten generierte, die dem gestischen Duktus folgen und neue Räume eröffnen, welche den Grenzerfahrungen des höhlentauchenden Malers geschuldet sein mögen. Geheimnisvoll sind diese Blätter, nicht abstrakt und nicht figürlich, sondern sie sind bildhafte Zeugnisse der individuellen Freiheit der Form.
„Von allen hier vorgestellten Künstlern wirken die Plastiken von Stephan Hasslinger am nächsten dran an den künstlichen Paradiesen der Popkultur und der Konsumwelt der Gegenwart sowie ihren diversen Rezeptionsformen im aktuellen Kunstbetrieb. Ob Kühlergrill einer Luxuslimousine oder das Kleid von Lady Gaga, Hasslinger spielt mit der Umformatierung von allgegenwärtigen und bekannten Dingen, indem er sie auf den Kopf stellt, in andere Materialien überträgt oder auf unvorhersehbare Weise kombiniert.“, schreibt Stefan Borchardt im Katalog dieser Ausstellung.
Hasslinger, der seine filigranen und hoch sensiblen Keramikobjekte zusammen mit Gudrun und Harald Häuser hier aufgestellt und gehängt hat, ist gelernter Steinmetz, studierter Stahlplastiker und arbeitet heute mit Ton. „Ton ist für mich genau das, was ich brauche“, sagte er in einem Interview (Südkurier 15.7.14) und er webt und knüpft ihn, wie er es mit dem Stahl tat und er wölbt und formt ihn mit der technischen Versiertheit eines Steinbildhauers. Hasslinger nennt seine plastischen Objekte gerne „Zünder“. In der Tat entzünden diese Werke eine Bandbreite von Assoziationen in unseren Köpfen, wie z.B. „Hamam“, eine plastische Hommage an das im arabischen Kulturkreis fest verankerte Dampfbad. Das Türkis-
„White Males need a community“, „You can’t do this, You can’t do that … who said so?”, “Merlin was real ½ man ½ demon / Magic is real / Darkness is real”; diese und noch viele weitere messages können wir auf den Bildern des südafrikanischen Künstlers
Auf den ersten Blick wirken seine Bilder wie Graffiti-
Anarchie und Freiheit sind auch zwei Schlüsselbegriffe für das Werk von
In dem großen Bild aus der Serie „the shape of a room“(dt. Raum-
Sicher haben Sie sie längst entdeckt, die Wandobjekte von
Subtil sind auch die kleinen Formate von
Kato setzt auf ihre monochromen abstrakten Farbflächen minimalistische Zeichnungen in einer schablonenhaft anmutenden Zeichensprache. Sie vermeidet Pinselduktus oder Buntstift-
Es ist nun an Ihnen, sich dem paragone dieser Ausstellung zu stellen, im Gespräch oder allein, vielleicht sogar im Gespräch mit den anwesenden Künstlern.
Tauchen Sie ein in die besondere Ästhetik dieser Ausstellung und nehmen Sie den Teil davon für sich heraus, den sie spüren, und sei es auch die Musik oder vielleicht Spencer Whittles Aufruf:
„SING A HAPPY SONG ELVIS!“